Tips und Tricks

Tips und Tricks

Anmerkungen zum Artikel: Bruträume: 2 sind keiner zuviel, Aumeier und Liebig, März 2016

Tipps & Tricks für gute Imker

Es ist schon beeindruckend, mit welchen rhetorischen Mitteln Liebig und Aumeier eine amateurhafte Betriebsweise verteidigen. Nun soll sie also gut sein für „faule Imker“, die zweiräumige Zanderbetriebsweise mit Kippkontrolle. Bisher war sie immerhin gut genug für Anfänger – mit Liebigs Methode könne man „einfach Imkern“. Ist es wirklich so?

Fragen, auf die man stößt

Ich selbst begann meine Imkerlaufbahn mit der Betriebsweise von Liebig. Als Anfänger kann man ja solche vorgeblich nach „wissenschaftlichen Untersuchungen“ entwickelten Arbeitsmethoden überhaupt nicht beurteilen. Man imitiert, was gelehrt wird. Im Laufe der Zeit stelle man jedoch fest, daß die vorhergesagten Erfolge ausbleiben: weshalb haben andere Imker mehr Honig als ich? Weshalb arbeiten andere Imker weniger pro Volk und Jahr? Weshalb haben andere Imker weniger Probleme mit dem Schwarmtrieb? Weshalb haben andere Imker besser entwickelte, gesündere Völker als ich?

Will man ein Bienenvolk gesund und leistungsfähig das Jahr über führen, dann muß man sich zwingend mit folgenden Fragen beschäftigen: Welche Bedeutung hat die Größe der Waben für die Brutentwicklung im Frühjahr? Wieviel Platz benötigt ein Bienenvolk im Frühjahr und Sommer überhaupt? Welchen Einfluss auf die Entwicklung hat der Wärmehaushalt im Brutnestbereich und wie kann ich ihn beeinflussen? Welchen Stellenwert hat der Pollen im Brutnestbereich und wie kann ich die ansteigende Brutkurve so steuern, daß der Schwarmtrieb handhabbar wird?

Praxiserprobt: größere Wabenflächen sind entwicklungsfördernd

Den Bienen ist es natürlich nicht gleichgültig, in welcher Behausung sie wohnen. Freilich kann man Bienen in jedem Loch antreffen. Sie sind enorm anpassungsfähig und gleichen durch ihr Verhalten Mängel der Behausung aus, soweit sie dies können. Deshalb krepieren die Völker in der Bienenkiste ja auch nicht gleich. Sogar auf DN oder Zander können sich Bienenvölker entwickeln. Aber muß es nicht unser Bestreben sein, dem Bienenvolk die möglichst optimale Behausung anzubieten? Seit etwa fünf Jahren führe ich 100 Zander Völker und 100 Dadant Völker parallel. Mein Blick in die Praxis zeigt mir: die Völker auf größeren Waben entwickeln sich im Frühjahr dynamischer und gleichmäßiger, als Völker auf kleineren Brutwaben. Das ist Praxiserprobt. Ob die Wabe jetzt Dadant, Dadant Blatt, Zadant, DN 1 ½  oder sonstwie heißt ist dann eine Frage weiterer Betrachtungen zur Zweckmäßigkeit der Beute. Die Zander- und Deutsch Normal-Wabe gehört jedenfalls der Vergangenheit an.

Wieviel Platz braucht die Königin

Fragt man in Imkervereinen und unter Profiimkern, wie viele Zellen auf den Rähmchen sind, die ein jeder benutzt, sind kaum mehr als zehn Prozent der Imker, die dies überhaupt wissen. Wie aber kann man die Frage, wieviel Platz das Bienenvolk überhaupt benötigt denn beantworten, wenn man nicht weiß wie viele Zellen auf einer Wabe sind? Je nach Zellgröße befinden sich auf einer Zander-Brutraumwabe ca. 6.000 Zellen (3.000 auf jeder Seite), auf einer Dadantwabe ca. 8.000 Zellen insgesamt. Bei DN sind es ca. 5.000 Zellen. Bei einer Legeleistung von 2.000 Eiern pro Tag und einer Entwicklungsdauer einer Arbeiterin von 21 Tagen benötigt die Königin folglich 42.000 Zellen. Bretschko geht 1986 davon aus, daß es wenige Tage im Jahr gibt, an denen die Königin 3.000 Eier legt, vor allem ein Naturschwarm in den ersten Tagen seines Neubeginns. Diese einfache Rechnung führt uns zur Erkenntnis, daß ein Zandervolk mit 7 Waben plus einer Drohnenwabe, ein DN Volk mit 9 Waben plus Drohnenwabe und ein Dadantvolk mit fünf oder sechs Waben plus Drohnenwabe ausreichend Platz für eine ungehemmte Legeleistung der Königin bietet. Nota bene: mehr Platz benötigt dieKönigin nicht! Bei einem solcherart der Legeleistung der Königin angepasstem Brutraum wird alter und unnötiger Pollen aus den Zellen geputzt, das Volk brütet von Holz zu Holz. Der erste Honigraum ist der Futterkranz. Er rotiert im Laufe des Bienenjahres, und auch bei der Ernte wird immer ein halb voller erster Honigraum belassen. Wer ihn komplett aberntet hat die Betriebsweise einräumiger Brutraum nicht verstanden! Natürlich muß beim Absperrgitter überall der Beespace stimmen.

Bienengesundheit

Das von Gerstung („Der Bien uns seine Zucht“, 1910) überlieferte Bild von Pollen und Futterkränzen gilt so nur für den ersten Teil der Frühjahrsentwicklung. Der Fetteiweißkörper der Winterbienen ermöglicht das Brüten bevor frischer Pollen reinkommt. Es ist sogar so, daß alter Pollen die Frühjahrsentwicklung hemmt. Völker, deren Brutflächen aufgrund eines zu großen Platzangebotes mit Pollen und Pollenbrettern durchsetzt sind, haben nach meiner Auffassung „Lungenentzündung“. Lange bevor der erste Nektar in das Volk kommt, steht frischer Pollen zur Verfügung. Die Überwinterung und das Führen der Völker auf zwei Zanderzargen, so wie sie die Autoren empfehlen, ist daher unzweckmäßig und für die Frühjahrsentwicklung der Völker negativ..

Wärme: elementares Lebenselement des Biens

Die Bienenvölker benötigen zu ihrer Entwicklung Wärme. Beginnt das Brutgeschäft, dann muß die Bienenmasse auf die Anzahl der Waben begrenzt werden, die sie prall besetzen und folglich auch wärmen können. In einem viel zu großen Raum entweicht die Wärme nach oben, das Volk braucht viel zu viel Energie um das Brutgeschäft erfolgreich durchzuführen. Die Bienen werden kurzlebig und Schwarmlustig. Und was soll eigentlich der jährliche Zargentausch? Nach unserer Erfahrung sinkt die Schwarmlust bei einem perfekt auf die Legeleistung der Königin angepassten Brutraum, in dem sich kein Pollen mehr befindet, erheblich. Eine durch spätes Erweitern im Februar, März und April abgeflachte Brutkurve ermöglicht es, kurz vor Beginn der depressiven Phase (Bretschko nennt es so: die Phase ist ein Auslöser des Schwarmtriebes) noch um eine Wabe zu erweitern, ohne dem Brutnest nicht benötigten Raum zu geben. Wer wenig Übung hat sollte auf diese Erweiterung aber zugunsten eines besseren Honigertrages verzichten. Dies ist neben der Drohnenwabe ein wichtiges Regulativ zur Dämpfung des Schwarmtriebes – was übrigens durch das Schröpfen von Brut in keiner Weise realisiert wird. Da muß man schon so viel Brut schröpfen, daß die Entwicklungsdynamik des Volkes gebrochen ist, und was hat man dann davon? In meinem Betrieb ist der Schwarmtrieb, seit ich den Völkern einen angepassten Brutraum zur Verfügung stelle, auf unter 30% zurückgegangen. Vielleicht zeigt der Schwarmversuch von Aumeier vielmehr (Ruhr-Universität Bochum 2009/2010), daß sie einmal an ihrer Königinnenqualität arbeiten sollte.

Arbeitseingriffe

Gerdes (Buckfast Biene, 1. Auflage 2015, S. 21) beurteilt die Kippkontrolle korrekt als „zirkusreife Nummer. Aus ergonomischen Gründen verbietet sich eine solche gefährliche Methode“. Ich frage mich, weshalb nicht längst die Berufsgenossenschaft einen Aufschlag für „Kippimker“ verlangt. Und weiter: „Sieht man hier wirklich alle Zellen? Einzelne Weiselzellen an den Seitenschenkeln, in den Ecken oder auf den Unterträgern, sind nicht zu erkennen. Weiselzellen im unteren Brutraum werden vollkommen außer Acht gelassen“. Die Schwarmkontrolle findet z.B. in einem Dadantvolk auf 6 Waben statt, bei einem einräumigen Zandervolk auf 8 Waben. Liebig und Aumeier bemerken korrekt: „Wer Völker auf einer Zarge im Brutraum hält, erntet mehr Honig“. Es stimmt: man muß mehr Honigräume abnehmen. Aber ist das nicht das Ziel eines guten Imkers: bei wenigen Eingriffen ins Brutnest gute Honigerträge zu erzielen? Ist im zweiräumigen Zandervolk Schwarmstimmung, dann sind doppelt so viele Waben zu ziehen. A propos Hoher Boden: wenn man ihn schon haben will, dann nur mit Bausperre. Aber er ist genauso störend (und ohne Bausperre abenteuerlich!) wie ein zweiter Brutraum.

Zargenweise

Wie kann heute immer noch von einem einheitlichen Wabenmaß im Brutraum und Honigraum gesprochen werden, ist doch längst deutlich, daß Waben im Brutraum unten und an den Seiten nicht an die Träger angebaut werden, wogegen das im Honigraum der Fall ist? Die Empfehlung, hier ließen sich Waben einfach so austauschen, läßt grobe Mängel an Kenntnis über die Wabengestaltung erkennen.  Ein Imker, der im einräumigen Brutraum arbeitet, braucht in der Tat mehr Zargen: Honigraumzargen. Dies nehme ich aber gerne in Kauf, und dies nimmt sicher auch jeder Hobbyimker in Kauf, wenn er anstrebt, gut zu imkern. Wie es mit „Wissenschaftsimkern“ ist kann ich nicht beurteilen. Da diese jedoch während ihres Berufslebens nicht vom Erfolg ihrer Imkerei und ihrer imkerlichen Ratschläge abhängig sind sollten Empfehlungen von „Wissenschaftsimkern“ zuerst einem gründlichen Praxistest unterzogen werden.

Jürgen Binder

Imkermeister

www.armbruster-imkerschule.de